Von Schlangen, wilden Bienen und scharfen Felsen – Klettern ist nicht gefährlich

Bereits vor vier Jahren war ich schon mal hier. Hier, unterhalb der „Bee Wall“, auf Koh Yao Noi in der Andamansee, Thailand.

Gemeinsam mit David studiere ich nun den abstrakt geformten Kalk, die mächtig überhängenden Formationen und grazilen Sinterstrukturen. David ist Brite, Yoga sowie Tai-Chi-Lehrer und wohnt auf der Insel seit fast 10 Jahren. Er ist Erschließer, gleichzeitig Sanierer und Kletterer, weshalb ich mich freute mit ihm und drei seiner Freunde losziehen zu können.

Koh Yao Noi liegt ca. 45min Bootsfahrt östlich von Phuket und ist eine beschauliche, vom Massentourismus bisweilen verschont gebliebene Insel über die bereits in der ZEIT vor Jahren berichtet wurde (http://www.zeit.de/reisen/2013-05/thailand-urlaub-koh-yao-noi-klettern).

Neben vielen schönen 6a, 6b und 6c Touren gelang mir an diesem Tag auch eine 35m lange 7a+ rotpunkt – für mich ein großartiger Erfolg, liegt doch die Eisklettersaison noch gar nicht so weit zurück. Beschreibend ist jedoch, dass hier Schwierigkeitsgrade nebensächlich sind. Das Besondere hier ist, dass Sportkletterm nun plötzlich ein Abenteuer zu sein

scheint. Nein, die Titaniumbohrhaken blitzen hier in Plasirabstand an den Wänden – das ist es nicht. Es ist der Umstand, dass sich das Klettergebiet am absoluten nördlichen Zipfels der Insel befindet, der als Naturschutzgebiet ausgeschrieben und in seiner Natürlichkeit soweit bewahrt geblieben ist.

So erinnere ich mich noch eindringlich, dass wir vor vier Jahren nicht abseilen konnten, da sich eine Kobra am Einstieg sonnte. Die „Bee Wall“ heißt deshalb Bienenwand, weil dort regelmäßig wilde Bienen ihre Nester in die Wand setzen und ständig die Möglichkeit besteht, in den Nischen und Höhlen einen Skorpion oder eine Spinne zu stören. Ein paar

Amerikaner erzählten mir schon vor vier Jahren, dass sie bei einem ersten Erschließungsversuch ins Meer (ein wirklich unschöner Weg, wenn man ihn direkt wählt) flüchten mussten, um einen wild gewordenen Bienenschwarm „abzuschütteln“. Auch diesmal waren hier einige Rückstände von Nestern zu erkennen – die Honigsaison war offenbar schon vorbei.

Der zweite Klettertag ebenfalls außerordentlich. Habe ich mich am Tag zuvor noch eine Stunde alleine auf dem Motorroller über die „mud road“ zum Spot gekämpft, fuhr ich nun mit einer lustigen Truppe im Schlauchboot zur Wand. Sehr viel entspannter, ohne Moskitos und weniger schwitzend als in der Schwüle des Regenwaldes.

Das Wappentier von Koh Yao Noi ist der Nashornvogel. Umso erfreulicher war es nun, dass wir dann beim Anlanden direkt einige dieser wunderschönen Tiere, die erheblich vom Aussterben bedroht sind, zu Gesicht bekamen. Beim Zustieg (nun wieder im Dschungel) kreuzte ein Bindenwaran, eine stattliche Echse von eineinhalb Metern Länge, den Trampelpfad und huschte weiter ins Dickicht davon. In der zweiten Seillänge des Ao Po Nui Towers kletterten wir durch „ungewöhnliches Sediment“. Kurz darauf merkten wir dann auch, dass offenbar gerade Brutzeit bei den Nashörnvögeln ist. Einmal den Kot von den verschwitzen Schultern geklopft, die Schlinge durch die Sanduhr geklippt, in der der gefiederte Wandgenosse nistete und weiter hinauf in einer Route, die laut Topo als eine der großartigsten Klettereien Thailands bezeichnet wird – mit Recht! Der Ausblick zu einer versteckten Bucht und knapp über den Baumwipfeln des Dschungels – dem dunklen und blickdichten Waldboden zu entfliehen – ist unbeschreiblich!

Nach dem Abstieg war die Tour allerdings noch nicht zu Ende: zwischenzeitlich hatte die Flut nachgelassen und wir mussten das Schlauchboot ca. 120m durch den Schlick ins Wasser ziehen – eine mühselige und anstrengende Angelegenheit! Dummerweise habe ich mir dabei an einem verdeckten Felsen meinen Zeh unglücklich gestoßen, sodass letztlich nur zwei Klettertage auf Koh Yao Noi drin waren.